Anfang Juni findet die Europa-Wahl statt. Um in deren Vorfeld auf die Situation pflegender Angehöriger aufmerksam zu machen, hat die Selbsthilfekontaktstelle Pflege in Magdeburg zur Podiumsdiskussion mit Vertretern kommunaler Parteien eingeladen.
„Rund 10.000 Menschen in Magdeburg werden ambulant gepflegt.“ Darauf verweist Prof. Dr. Josefine Heusinger, Gerontologin an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Die Moderatorin der Podiumsdiskussion „Herausforderungen in den Langzeitpflege- und Versorgungsstrukturen in Magdeburg“ betont in diesem Zusammenhang: Neben einer hauptsächlich pflegenden Person würden rund 30.000 Menschen ehrenamtlich mitpflegen – indem sie Fahrten übernehmen, Termine organisieren, im Haushalt und an vielen anderen Punkten zu einem geregelten Alltag verhelfen.
Dass deren Situation vielfach schwer zu meistern ist, zeigte sich an diesem Nachmittag im Otto-Kobin-Saal. Vor allem vier Probleme wurden aus den Reihen der rund 30 teilnehmenden Gäste betont: die Menge an Kurzzeitpflegeplätzen in der Landeshauptstadt reicht nicht aus, um Angehörige zu entlasten; die Qualität und Quantität der Pflegeberatung auch auf kommunaler Ebene sei unzureichend; Anlaufstelle für Notfälle fehle, um in unerwarteten Situationen kurzfristig Hilfe zu finden; die Bearbeitungszeiten bei Anträgen auf Hilfe zur Pflege und auf Wohngeld seien unerträglich lang.
Mit Ad-hoc-Lösungen können die Kommunalpolitiker auf dem Podium nicht aufwarten: Thorsten Giefers (Bündnis 90/Die Grünen), Thomas Gürke (FDP), Matthias Boxhorn (CDU) und Noah Biswanger (Die Linke) hören vor allem zu. Alle haben in den eigenen Familien Erfahrungen mit den Herausforderungen gemacht, die die Pflege von Angehörigen mit sich bringt.
Die Zuhörenden, ob direkt oder indirekt betroffen, schildern aus dem eigenen Erleben und monieren fehlende Wertschätzung für das, was sie selbst leisten. Und sie regen Lösungen an. Eine Notfall-Kontaktstelle für pflegende Angehörige sei aus ihrer Sicht nicht unrealistisch: „Unsere Partnerstadt Braunschweig hat einen sehr gut funktionierenden Notruf in diesem Bereich. Daran könnte sich die Landeshauptstadt orientieren und nach einem ähnlichen Modell aktiv werden“, sagte Hans Jürgen Villard, der sich bei einer Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige engagiert.
Auch ein Portal, das freie Kurzeitpflegeplätze in der Landeshauptstadt erfasst, wünschen sich die Betroffenen. Denn, so hieß es aus ihren Reihen: „Bisher bekommen sie zwar als betroffene Angehörige eine Liste, auf der alle Einrichtungen mit Kurzzeitpflegeplätzen erfasst sind. Aber das sind mehr als 80 Stellen und in einer Notsituation haben Angehörige gar nicht die Zeit und Kraft, alle abzutelefonieren, um nach einem freien Platz zu fragen.“